Freunde sagen in letzter Minute Verabredungen ab, Bürostühle bleiben leer: Die Grippewelle ist in vollem Gange. Doch ist es dieses Jahr besonders schlimm? Wir trafen Infektions-Expertin Sarah Tschudin Sutter zum Interview. Sie leitet die Spitalhygiene am Universitätsspital in Basel und ist Professorin für Infektionsepidemiologie.
Wie ist der Stand aktuell bezüglich saisonalen Infektionskrankheiten?
Wir sind sehr belastet im Spital. Wir haben aktuell drei verschiedene Viren, die zirkulieren. Coronaviren sind weiterhin im Umlauf, die Grippefälle sind stark angestiegen und vor den Festtagen hatten wir auch einen deutlichen Anstieg von RSV-Infektionen.
Ist dieses Jahr anders als andere?
Wir hatten natürlich in den letzten zwei Jahren wenig oder gar keine anderen Viren, welche die Atmung betreffen. Es gab wenig Grippefälle und wenig RSV-Fälle. Mit den Lockerungen bzw. dem Einstellen aller Massnahmen zum Schutz vor der Übertragung des Coronavirus sind jetzt die anderen Viren zurückgekommen. Entsprechend haben wir viele Influenza-Fälle und eben auch eine starke RSV-Welle gesehen.
Ich habe dieses Jahr von vielen schweren Grippe-Erkrankungen in meinem Umfeld gehört, können Sie diesen Trend bestätigen?
Tatsächlich, wir sehen auch im Spital effektiv einige Patienten, die wegen einer Grippe hospitalisiert werden müssen. Wir haben auch Patienten auf der Intensivstation. Dazu muss man sagen, dass es auch schon vor Corona schwere Grippe-Erkrankungen gab. In dem Sinne ist das nichts Neues, wir wissen aber aktuell nicht, welchen Einfluss die Immunität der Bevölkerung auf die schwere des Krankheitsverlaufes hat. Da wir in den letzten zwei Jahren weniger im Kontakt mit Grippeviren waren, ist es möglich, dass wir auch schwerere Verläufe sehen werden. Aber das muss sich noch zeigen.
Sind wir bei der diesjährigen Welle bereits über den Berg?
Bei den RSV-Infektionen hoffen wir, dass wir über den Berg sind. Da ist der Trend deutlich rückläufig. Bei der Grippe hatten wir einen starken und frühen Anstieg, dort hoffen wir, dass wir jetzt den Höhepunkt erreicht haben, aber das werden wir in den nächsten Wochen sehen. Die Erfahrung aus den Vorjahren zeigt, dass man damit rechnen muss, dass es bis März, Anfang April noch zu gehäuften Infektionen kommen kann. Das hängt aber auch mit dem Wetter zusammen.
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