Steht Erdem Masyan vor seiner Kleinklasse, begegnet er manchmal Kindern mit einem ähnlichen Hintergrund wie er dazumal. «Bei uns zuhause gab es keine Bücher. Meine Eltern konnten keine Hausaufgaben mit mir machen, aber ich erfuhr von meinen Lehrern sehr viel Unterstützung», sagt der 44-jährige Primarschullehrer und Heilpädagoge aus Oberwil. «Die Unterstützung und das Wohlwollen brachte mich dazu, dass ich auch Lehrer werden wollte. Ich möchte das der Gesellschaft zurückgeben, diese Chancen, die ich bekommen hatte.» Gerade im Hinblick auf seine eigene Biografie fordert Erdem Masyan einen Ausbau der Tagesstrukturen an den Baselbieter Schulen. So könne die Chancengleichheit gestärkt werden, auch für Kinder aus schwierigen Verhältnisse.
Masyan trat vor erst einem halben Jahr der SP bei. Er gehört zu den neuen Gesichtern im Ringen um die Sitze im Landrat, die heute in Liestal die Wahlkampfthemen der Partei präsentierten. Ebenfalls zum ersten Mal kandidiert Karin Müller aus Binningen, Redaktorin beim Basler Kirchenboten. Im Auftakt zum Wahlkampf sprach sie sich für eine Stärkung der Kaufkraft aus, unter anderem durch Prämienverbilligungen und Mietzinsbeiträge.
Baselbiet beim Klimaschutz nur «durchschnittlich brav»
Der Gelterkinder Berufsschullehrer und Schreiner Matthias Schürch klaubte eine Mappe mit alten Artikeln über die UNO-Konferenz in Rio de Janeiro von 1992 hervor. Das Thema Klimawandel habe ihn damals schon bewegt. Die Klimastrategie mit Nettonullziel 2050, die der Baselbieter Regierungsrat kürzlich präsentiert, bezeichnete er als «höchstens durchschnittlich brav». Basel-Stadt zeige, dass es anders gehe. Als Kandidatin aus Muttenz präsentierte die 22-jährige Studentin Julie von Büren betonte den Kampf gegen die Ungleichheiten von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und für Massnahmen gegen sexualisierte Gewalt aus.
Klimaschutz, Kita-Plätze, Gleichstellung und Stärkung der Kaufkraft sind somit die Wahlkampfthemen der SP. Vieles davon ist nicht neu, sondern bezieht auf noch hängige Vorstösse der Partei, zum Beispiel im Schulbereich. So etwa die Forderung, dass der Kanton die Primarschulen von den Gemeinden übernehmen soll, um gleiche Mittel für alle Schulklassen sicherzustellen. Hinzu kommt auch der Wunsch nach garantierten Kita-Plätzen. Die SP hatte dazu letztes Jahr eine Volksinitiative eingereicht.
Bei den Gesamterneuerungswahlen 2019 rang die SP der SVP knapp den Rang als wählerstärkste Partei ab. Mit 22 Mandaten bildet sie aktuell die grösste Fraktion im Landrat. Wie Parteipräsidentin Miriam Locher sagt, liesse sich mit dieser Grösse in einem bürgerliche dominierten Parlament trotzdem kaum etwas erreichen. Das Ziel sei daher, mindestens ein Mandat dazuzugewinnen.