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Der Telebasel News-Beitrag vom 21. Dezember 2022.
Region

Engelberger macht Bundesrat Dampf

Das UKBB ist aktuell stark ausgelastet. Besonders Notfälle und ambulante Behandlungen generieren Verluste und sorgen für zusätzlichen finanziellen Druck.

Die Kinderspitäler in der Schweiz sind aktuell sehr stark ausgelastet. Die Notfallstationen werden überrannt. Vor dem UKBB in Basel steht ein Schild, welches die Patientinnen und Patienten auf stundelange Wartezeiten aufmerksam macht. Notfälle und ambulante Behandlungen sind teuer und oft aufwändig, besonders bei Kindern.

Diese Behandlungen sind für die Spitäler finanziell unrentabel und sorgen seit Jahren für Defizite. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz fordert darum schon lange eine Tarifanpassung. Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz im Interview:

Herr Engelberger, was ist aktuell die Ausgangslage in den Kinderspitälern?

Die Ausgangslage ist so, dass die Kinderspitäler tatsächlich stark belastet sind. Sie können natürlich noch Patientinnen und Patienten aufnehmen, zum Glück, denn das müssen sie auch weiterhin können. Sie sind aber stark unter Druck. Es gibt viele Kinder und Jugendliche die Spitalbehandlungen benötigen. Die Grippewelle hat angefangen und es gibt momentan die RSV-Epidemie, woran viele Kinder schwer erkranken.

Für die meisten Leute ein neuer Begriff – Tardoc – taucht jetzt auf. Das könnte jetzt helfen. Was ist damit gemeint?

Wir reden hier über das Tarifsystem für die ambulanten Leistungen von Ärztinnen und Ärzten. Das sind also die Spitalbehandlungen, wo die Patientinnen und Patienten nicht über Nacht bleiben müssen, sondern dann gerade wieder gehen können. Wir wissen hier seit mehreren Jahren, dass die Leistungen der Kinderspitäler nicht voll gezahlt sind. Der aktuelle Tarif für diese Leistungen, das ist der Tarmed, deckt die Kosten für die Kinderspitäler nicht voll. Somit haben sie grosse Defizite in diesem Bereich.

Inwiefern wäre dann eine Ablösung von diesem Tarmed für den Patienten oder die Patientin spürbar?

Das spielt sich eigentlich im Hintergrund ab. Die Patientin oder der Patient spürt direkt nichts, ist aber schon darauf angewiesen, dass die Spitäler gut finanziert sind. Wenn diese Spitäler dauerhaft Verlust machen oder die Kantone irgendwann die Subventionen an die Kinderspitäler nicht mehr im gleichen Umfang geben können, dann spüren das auch die Patientinnen und Patienten, falls die Leistungen eingeschränkt werden müssen.

Inwiefern soll das in den Kinderspitälern dann eine Verbesserung bringen?

So ein Tarif ist wie eine riesig grosse Preisliste. Das ist sehr kompliziert, wie das dann zusammenwirkt. Die Kinderspitäler, die das angeschaut haben, sagen, dass ihr Defizit, das sie im ambulanten Bereich haben, damit halbiert werden könnte. Das heisst, es wird noch immer ein Defizit sein, aber nicht mehr so ein grosses.

Was erhofft sich die Gesundheitsdirektorenkonferenz von diesem Tardoc?

Der Tardoc ist ja das neu erarbeitete Tarifmodell. Der dann eben diesen Tarmed ablösen soll. Darüber redet man schon lange, und das ist auch noch mit einzelnen Problemen verbunden. So ein Tarif ist wahnsinnig komplex und schwierig. Experten und Expertinnen haben noch Kritik an diesem Tardoc-Entwurf. Wir reden jetzt aber schon lange darüber. Wir wissen, dass dieser neue Tarif für Kinderspitäler eine Verbesserung brächte. Das ist eine der Überlegungen, die uns in der Gesundheitsdirektorenkonferenz dazu bewogen hat zu sagen, dass man den jetzt einführen soll. Man muss daran noch Verbesserungen vornehmen, das ist so, aber man sollte vorwärts machen. Unglücklicherweise hat der Bundesrat nichts gemacht, so dass es noch weitere Verzögerungen geben wird.

Also sagen Sie, der Bundesrat war bisher zu langsam?

Nicht nur der Bundesrat. Es ist eine gemeinsame Arbeit der Tarifpartner, das sind also die Spitäler und Ärzteverbände und auch die Versicherer. Sie mussten etwas erarbeiten und einreichen. Sie konnten sich nicht gemeinsam auf etwas einigen. So entstand diese Situation dann überhaupt. Der Bundesrat musste einen schwierigen Entscheid treffen: Ob er das jetzt schon in Kraft setzt oder nicht. Ja, wir hätten es besser gefunden, er hätte das schon in Kraft gesetzt. Man kann aber dem Bundesrat allein nicht die Verantwortung dafür geben.

Was ist denn der Unterschied, wenn jetzt die ambulanten Behandlungen nur ein halb so grosses Defizit erbringen würden? 

Sie dürfen davon ausgehen, dass in einem Kinderspital in der Schweiz die Patienten und Patientinnen die Behandlung bekommen, die sie benötigen. Wir finden Wege diese zu bezahlen. Wenn die Tarife das nicht zahlen, zahlen das die Kantone. Beide Basel zahlen beispielsweise jedes Jahr rund 10 Millionen an das UKBB, um das ambulante Defizit teilweise zu decken. Wenn der Tarif besser wird, wird die Finanzlage des Spitals besser. Allenfalls müsste der Kanton in einem weiteren Schritt diese Subventionen nicht mehr im gleichen Umfang bezahlen.

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