Ausnahmekönner zeichnet unter anderem aus, selbst schwierigste Aufgaben mit scheinbarer Leichtigkeit meistern zu können. Diesen Eindruck kriegte auch an diesem Sonntag vermittelt, wer Aleksander Kilde und Marco Odermatt zu Tal fahren sah. Wie sie auf der «Birds of Prey» zu Werke gingen, machte einmal mehr Eindruck und zeugte vom schieren Selbstvertrauen des Duos, das derzeit aus dem Kollektiv mit den Weltbesten herausragt.
Dieses Selbstvertrauen ist in der Sparte Super-G im Besonderen gefragt, in einer Disziplin, in der das Spiel mit dem Risiko über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Kilde und Odermatt beherrschten dieses Spiel erneut am besten, obwohl dem Schweizer die Fahrt nicht ganz nach Wunsch gelang. Trotzdem hatten er und der Norweger wiederum die bessere Lösung als ihre Konkurrenten für die unterschiedlichen, nicht selten schwer abzuschätzenden Aufgaben zwischen den Toren parat.
Kilde zwei Zehntel voraus, Caviezel Vierter
Kilde, der schon im Vorjahr auf der Piste «Birds of Prey» in Abfahrt und Super-G gesiegt hatte, distanzierte Odermatt um zwei Zehntel. Der Franzose Alexis Pinturault lag als Dritter drei Zehntel zurück, Gino Caviezel als starker Vierter eine gute halbe Sekunde. Der Bündner lieferte sein zweitbestes Ergebnis in einem Weltcup-Super-G ab, nachdem er im vergangenen März beim Finale in Courchevel in Frankreich Dritter geworden war.
Odermatt nannte in der Analyse seiner Fahrt zwei, drei Stellen, an der er etwas Sicherheitsmarge einbaute. «Ich fühlte mich auch schon besser als heute vor dem Start», erzählte der Innerschweizer. Er spüre die Anstrengungen der letzten Zeit. «Wir sind jetzt seit zweieinhalb Wochen unterwegs – viele Reisen, viele Rennen, viel Anspannung.»
Nach der Rückkehr aus Nordamerika geht das Duell am nächsten Samstag in Val d’Isère mit einem Riesenslalom weiter. Es ist das zweite Rennen in diesem Winter in der Disziplin, in der die Stärkeverhältnisse im Vergleich der beiden bisherigen Haupt-Protagonisten am ausgeprägtesten sind – und in der im erwarteten Zweikampf um die grosse Kristallkugel womöglich die entscheidenden Weltcup-Punkte verteilt werden.
Die Vorteile liegen klar auf Seiten von Odermatt – ungeachtet dessen, dass Kilde vor seinem vor knapp zwei Jahren erlittenen Kreuzbandriss mit mehreren Klassierungen in den ersten zehn seine Qualitäten auch im Riesenslalom angedeutet hat.
Nächstes Mammut-Programm wartet
Der Riesenslalom in der französischen Station läutet erneut eine kräftezehrende Phase ein. Der Belastungstest für Körper und Geist beginnt drei Tage später mit dem ersten von zwei Abfahrts-Trainings in Val Gardena, gefolgt von Super-G und Abfahrt auf der Saslong und zwei Riesenslaloms in Alta Badia. Macht zwei Übungsfahrten und vier Rennen in sechs Tagen.
Die offenbar in Betracht gezogene Möglichkeit, in Gröden die am Freitag in Beaver Creek abgesagte Abfahrt nachzuholen, kommt bei diesem reich befrachteten Programm hoffentlich nicht über das Stadium einer Idee hinaus. Fünf Rennen in fünf Tagen wären kaum zu verantworten. Die Leichtigkeit könnte selbst den Ausnahmekönnern Kilde und Odermatt für einmal abhanden kommen.