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Basel

Verteidigung denkt über Weiterzug nach – eine leere Drohung?

Zwei Frauen wurden verurteilt, weil sie am Frauenstreik den ÖV störten. Die Verteidigung überlegt, den zuständigen Polizisten anzuzeigen. Hat das Hand und Fuss?

Die Reaktion der Basler Polizei bei der Demo am Frauenstreiktag im Juni 2020 wurde in Politik und Medien viel kritisiert. Am Mittwoch wurden zwei Frauen verurteilt, die vor zwei Jahren an der teils unbewilligten Kundgebung dabei waren. Die beiden wurden vom Basler Strafgericht teilweise schuldig gesprochen. Der Grund: Behinderung des öffentlichen Verkehrs. Nun müssen sie eine bedingte Geldstrafe von etwas über 1’000 Franken bezahlen.

Demonstrieren – ein Grundrecht?

Dass sie jetzt Geldstrafen zahlen soll, weil sie den ÖV störte, will Anina Jendreyko, eine der Beschuldigten, nicht akzeptieren. Zu demonstrieren sei ein Grundrecht, sagt sie am Mittwoch gegenüber SRF. Damit greift sie die Argumentation ihrer Verteidigung auf. Diese berief sich zuvor auf das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 11 EMRK). Dabei seien friedliche Kundgebungen durch den Artikel geschützt – unabhängig davon, ob diese bewilligt seien oder nicht.

Dem widerspricht Prof. Dr. Niklaus Ruckstuhl. Er ist Titularprofessor für Strafprozessrecht an der Uni Basel und Richter am Kantonsgericht BL. Denn ein unbeschränktes Demonstrationsrecht sei nicht gegeben. «Grundrechte können eingeschränkt werden», so der Strafrechtler. Und auch Art. 11 der EMRK, worauf sich die Beschuldigten berufen, sieht in Abs. 2 explizit Gründe vor, aus welchen die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeschränkt werden darf.

Störung des ÖV: Wann droht eine Geldstrafe?

Haben DemonstrantInnen also eine Geldstrafe zu befürchten, wenn bei der Kundgebung Trams oder Busse blockiert werden? Ja, sagt Niklaus Ruckstuhl, aber nur, wenn die Kundgebung nicht bewilligt ist, präzisiert er.

Auf der Johanniterbrücke wurde die unbewilligte Demo damals von der Polizei gestoppt. Die Demonstrierenden wurden eingekesselt, es wurden Personenkontrollen durchgeführt. Dies sei gefährlich und habe den Verkehr erst recht blockiert, argumentierte die Verteidigung am Mittwoch. Diese überlegt sich nun Strafanzeige gegen den zuständigen Einsatzleiter der Polizei einzureichen. Sind das leere Drohungen oder könnte so der Fall so weitergezogen werden?

«Auch PolizeibeamtInnen können den ÖV stören und deswegen angezeigt werden», so Niklaus Ruckstuhl. Im Fall der Frauenstreik-Demo wurden Trams und Busse bereits beim Sitzstreik auf der Mittleren Brücke während etwa einer Stunde blockiert. Bei unbewilligter Störung des öffentlichen Verkehrs sei es Pflicht der Polizei gewesen, diese Störung zu beenden: «Dann ist die Einkesselung und Auflösung der Demo keine zusätzliche Störung, sondern bezweckt die Beendigung dieser und ist deshalb bereits nicht tatbeständlich», erklärt Niklaus Ruckstuhl.

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