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Der Telebasel News-Beitrag vom 3. Februar 2022.
Basel

Initiative will die Kleinklassen zurück

Die Freiwillige Schulsynode Basel lanciert zusammen mit Politikern diverser Parteien eine Initiative, welche die Wiedereinführung von Förderklassen fordert.

Das Verhältnis zwischen SchülerInnen ohne spezielle Bedürfnisse und jenen mit solchen stimme einfach nicht mehr, sagt man bei der Freiwilligen Schulsynode (FSS): «Wir merken, dass viele Klassen an die Grenzen stossen. Und darum sind wir überzeugt, dass es wieder ein grösseres Handlungsrepertoire mit pädagogischen Massnahmen braucht, und dazu gehören für uns auch separative Angebote», sagt Marianne Schwegler, Vizepräsidentin der FSS.

Erfolgsmodell mit Verbesserungspotenzial

Bildungsdirektor Conradin Cramer sieht die integrativen Schulen als Erfolgssystem. Ein Erfolgssystem, das aber natürlich noch Verbesserung brauche. «Es kann sein, dass man zwischenzeitlich eine Schülerin, einen Schüler in ein kleineres Setting, in eine kleinere Klasse tut, immer auch mit der Absicht, dass er oder sie dann später wieder in die Regelschule kommen kann.»

Die FSS lanciert diese Initiative Aufgrund einer Studie, die sie unter den Lehrpersonen durchgeführt hat. In dieser Umfrage der FFS schreiben vier von fünf Lehrpersonen, dass sie sich kleinere Klassen wünschen. Dies ist also ein noch stärkerer Wunsch der Lehrpersonen als die Wiedereinführung von Kleinklassen. Die FSS sieht da aber sehr hohe politische Hürden: «Wir haben das Gefühl, dass der finanzielle Rahmen eine Rolle spielt. Denn das käme natürlich sehr, sehr teuer, wenn man alle Klassen verkleinern würde. Aber wenn das möglich wäre, wäre das sicher auch eine Möglichkeit», sagt die Vizepräsidentin des LehrerInnen-Verbandes.

Bei der Bildungsdirektion denkt man aber nicht, dass weniger Schülerinnen und Schüler die Lösung sind: «Die Grösse der Klasse ist nicht der entscheidende Faktor, wir haben jetzt schon im Schnitt kleinere Klassen als im Rest der Schweiz. Ganz wesentlich ist aber, wie solch eine Klasse zusammengesetzt ist». Bereits ein einzelnes Schulkind mit Verhaltensauffälligkeiten könne den Schulbetrieb dermassen stören, dass ein geregelter Schulunterricht nicht mehr gewährleistet sei.

Forschung widerspricht Initianten und Bildungsdirektor

Die Forschung ist sich einig, dass Kinder davon profitieren, wenn sie in einer Regelklasse und nicht in einer Kleinklasse unterrichtet werden. «Einerseits kurzfristig bezüglich Leistungsentwicklung, andererseits bezüglich Verhalten, aber vor allem auch langfristig bezüglich Lebenschancen, Berufschancen und sozialer Integration in der Gesellschaft», sagt Rebekka Sagelsdorff, Bildungssoziologin an der FHNW in Muttenz.

Die Forschung habe aber auch gezeigt, dass die anderen Schüler von einer Integration keinen Nachteil hätten. Es müssen aber Rahmenbedingungen gegeben sein, wie etwa genügend Unterstützung von Lehrpersonen und nicht zu grosse Klassen. Sagelsdorff: «Wenn diese Rahmenbedingungen nicht da sind, dann führt die integrative Schule unter Umständen zu Überlastung für Lehrpersonen – und ganz offensichtlich ist dies in Basel-Stadt der Fall».

Verständnis für die Initiative

Darum haben Rebekka Sagelsdorff und der Erziehungswissenschaftler Fitzgerald Crain durchaus Verständnis, dass sich die FSS engagiert und sich für die Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen einsetzt, aber: «Die Grundidee scheint mir falsch zu sein, und was mich sehr daran stört ist, dass das Problem auf die Kinder personalisiert wird», so Crain.

Für beide ist klar: Das Schulsystem des Kantons Basel-Stadt muss grundsätzlich überprüft werden. Denn dass seit 2010 wieder eine Selektion nach der 6. Klasse in drei Leistungszüge gilt, sei ein Rückschritt. Das laufe dem Integrationsgedanken entgegen. «Und der zusätzliche, überflüssige Leistungsdruck, der führt natürlich zu Zerstörung im Leistungsbereich, im Verhaltensbereich, bezüglich Demotivation, bezüglich sich abgehängt, stigmatisiert zu fühlen. Und diese Probleme gehen mit dieser Initiative unter», so Fitzgerald Crain.

Bis Mitte Juli 2023 haben die InitiantInnen jetzt Zeit, die 3’000 Unterschriften zu sammeln.

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