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Der Telebasel Glam Beitrag vom 19. Oktober 2021.
Basel

Sam Himself: «Ich bin der einzige ‹Fondue Western›-Künstler»

Sam Himself hat sein Debütalbum «Power Ballads» veröffentlicht. Glam spricht mit ihm über die Songs, sein Leben in den USA und seinen Musikstil.

«Fondue Western» für die Seele: Am Freitag, 8. Oktober, erschien das Debütalbum «Power Ballads» vom Basler Musiker Sam Himself. Seine EP «Slow Drugs» hat den Wahl-New-Yorker Sam Himself in seiner Heimat aus dem Nichts in aller Munde katapultiert. Nun veröffentlicht der Basler Musiker mit der sonoren Stimme sein Debütalbum «Power Ballads».

Es ist ein sonniger Nachmittag in einem Park in Bern und Sam Himself liegt langgestreckt auf dem harten Steinboden. Er könnte locker einschlafen, sagt er, sei es nach einem Konzert am Vorabend doch ziemlich spät geworden. Diese Pose ist allerdings für das Foto gedacht, einfach nur dasitzen und in die Kamera lächeln, das fällt dem Basler Musiker, der seit zehn Jahren auch in New York lebt, schwer.

Später im Gespräch mit Keystone-SDA erzählt Koechlin, wie Sam mit bürgerlichem Nachnamen heisst, es sei ihm ein Anliegen, seine exzentrische Seite rüberbringen zu können. Nicht, weil er sich um jeden Preis von anderen abheben wolle, sondern weil er genau das sei: ein «sturer Gring» voller kreativer Ideen und eigener Vorstellungen. Ja, Sam Himself hat «Gring» gesagt, denn wenn es um Dialekte geht, dann kann sich der Sohn eines Berners sehr wohl anpassen.

Am Freitag erscheint «Power Ballads», das Debütalbum des Musikers. Und so exzentrisch, wie man jetzt meinen könnte, ist es nicht. Es enthält zehn stimmungsvolle Popnummern, die so wunderbar sind, so auf die grossen Gefühle anspielen, dass sie runtergehen wie Honig. Die Platte enthält Sound, der stark an The National und auch mal an Bruce Springsteen erinnert (nein, diese Vergleiche hört Sam Himself nicht zum ersten Mal) – oder «Fondue Western», wie der Songwriter seinen Stil selber nennt. «Amerikanische Musik ist die DNA von dem, was ich mache», sagt er.

Die Augen zu seinen Ohren

Sam Himself mag Balladen lieben, und sein Bariton beruhigt wie ein Cheminée-Feuer, doch in seinen Videos verträumt durch eine Landschaft zu spazieren und eins zu eins den Song wiederzugeben, das wäre dem Künstler dann doch zu banal. Lieber schwingt er sich, wie im jüngsten Clip zu «La Paz», in Birkenstocks und mit Schramme im Gesicht auf ein Motorrad und trägt mal einen Rollschuh auf der Schulter oder hängt einen Higheel an den Lenker. In seinen Videos geht es nicht um Sinn, sondern um Spass und einen künstlerischen Anspruch.

Der Clip zu «La Paz» ist Samuel Koechlins jüngst erschienenes Musikvideo. (Quelle: YouTube/Sam Himself)

Die visuellen Elemente von Sam Himselfs Schaffen tragen zwei Handschriften: seine eigene und jene des Zürcher Künstlers Stefan Tschumi. «Er ist die Augen zu meinen Ohren», so Koechlin. «Er hilft mir, mich genau so zu präsentieren, wie ich es möchte.» Unkonventionell, überraschend, humorvoll, echt.

Wobei diese Art der Ausdrucksweise, dieses Schräge auf Bildern und in Videos vor der Bühne wieder Halt macht. An Konzerten gibt es keine Visuals, keine schrillen Outfits, zumindest noch nicht, denn live möchte Sam Himself seine Mitmusiker ins Zentrum holen. Er ist zwar Solokünstler, doch seine Band (darunter Gitarrist Benjamin Noti und Bassist Georg Dillier) «ist einfach so gut». Ausserdem soll im direkten Kontakt zum Publikum Raum für Spontanes bleiben, schlimmstenfalls auch für eine Panne – «ich mache Pop, da stirbt keiner, wenn mal etwas schief geht».

Sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, das hat Sam Himself in New York gelernt. Dort zog er seinerzeit hin, «mit Vorstellungen von einem Musikerleben, die natürlich nicht eintrafen», sagt er heute. Und ist froh drum. «Mal ein kleiner Fisch zu sein, keine Reaktionen zu bekommen, das hat mir gut getan.» Natürlich erst, nachdem er beinahe daran zerbrochen sei.

Kreativität als Orientierung

Umso surrealer komme es ihm vor, dass seine Musik in der Schweiz seit seiner im letzten Jahr veröffentlichten EP «Slow Drugs» durch die Decke geht. Eigentlich ist Koechlin kurz vor der Pandemie nur in die Schweiz zurückgekehrt, um mit der Baslerin Anna Rossinelli auf Tour zu gehen. «Doch nach dem ersten Konzert fiel alles zusammen.» Dass er fürs Erste nicht in die USA zurückreisen konnte, sei nicht das Schlimmste gewesen, da er hier ja Familie habe. «Aber es war schwer zu akzeptieren, dass alles anders läuft als geplant.»

Die «in der ungünstigsten Zeit veröffentlichte» EP habe ihm «den Arsch gerettet». Sie bescherte ihm im schwierigen 2020 derart viel Aufmerksamkeit, dass er anderen Künstlerinnen gegenüber manchmal ein schlechtes Gewissen habe.

Wie privilegiert er ist, erwähnt Sam Himself nicht nur einmal in dem Gespräch. Er spricht aber auch davon, dass es nicht einfach sei, mit ihm zusammen zu leben, wo ihn Ideen manchmal nachts aus dem Bett holen oder er tagsüber spontan in sein Handy singe. Er gibt auch zu, einen Grossteil dieser «darlings» später wieder killen, sich von «schönen Wörtern und geilen Reimen» trennen zu müssen. Was hart sei.

Sam Himself, der auf Fotos immer ein bisschen aussieht, als würde er entspannt vor sich hinpfeifen, ist ein von Kreativität Getriebener. Einer, der das gerne können würde, einfach mal abschalten. «Aber ich bin nur froh, wenn ich Ideen habe. Das gibt mir Struktur, ich würde sonst die Orientierung verlieren.»

Der Telebasel Glam Beitrag vom 21. Oktober 2021.

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