Am 13. Oktober 2001 schrieb die Aargauer Zeitung: «Basels neuer Ballettdirektor, Richard Wherlock, hat am Donnerstag mit «Folk–Lore» auf der Kleinen Bühne des Theaters Basel einen begeisternden Einstand gegeben. Kein Zweifel, Richard Wherlock, einst Ballettdirektor in Hagen, in Luzern und an der Komischen Oper Berlin, verspricht viel für Basel. Von jeher versteht es der Engländer, ein breites Publikum zu begeistern». Stimmt, konstatiert man 20 Jahre danach.
Die Tradition, die Demos und der Glücksfall
Richard Wherlock kam in eine ballettverwöhnte und -verliebte Stadt. Der Ballett-Experte und ehemalige Manager von Heinz Spoerli, Peter Marschel, nennt Wherlock einen «Glücksfall» für Basel. Er umreisst die Geschichte so: Waclaw Orlikowsky hatte 1955 die grosse Tradition internationaler Qualität begründet, von Heinz Spoerli und Juri Vamos wurde sie fortgesetzt – und danach vom damaligen Theaterintendanten Michael Schindhelm 1996 jäh beendet.
Der wollte mit Joachim Schlömers Tanztheater ein jüngeres Publikum anlocken. Das kam aber nicht und das ältere kam bald nicht mehr. (Es gab damals sogar Demonstrationen, die eine Rückkehr zum Ballett forderten.)
Richard Wherlock holte das Publikum (zu einem grossen Teil) wieder zurück. Peter Marschel hält Wherlocks Choreographie «Snow White» (2013) für eine seiner besten Arbeiten:
Intendanten und Schlaglöcher
20 Jahre als Ballettdirektor an einem Theater sind sehr lang, hier sind sie Rekord. Richard Wherlock überstand in dieser Zeit alle Intendanten (Michael Schindhelm, Georges Delnon, Andreas Beck) und alle Schlaglöcher in der Publikumsgunst, die etwa das Schauspiel in diesen Jahren öfters bis nahe an den Achsbruch führten.
Beim neuen Intendanten Benedikt von Peter (ab 2020) konnte sich der mittlerweile eingebürgerte Wahlbasler mit konstanter Beliebtheit bei Publikum und bester Anerkennung bei der Presse empfehlen. An sich wollte man jetzt am Haus ein grosses Jubiläumsfest begehen, etwa mit dem Programm «Ballett auf allen Bühnen» (sieben zeitgenössische Choreographien). Aber die Corona-Krise prüft auch hier unsere Geduld.
Das Basler Wesen, der Spalenberg und der FCB
Richard Wherlock hat die Basler Rezeptur begriffen: Man will hier sehr gutes Handwerk und grosse klassische Ballette namhafter Choreographie-Stars sehen – im Wechsel mit zeitgenössischem Ausdruckstanz von Leuten, die noch in die Morgensonne ihrer Karriere gucken. Und man will Menschen, die Basel nicht bloss als Sprungbrett verstehen sondern mit Treue und Charme das distanzierte Basler Wesen erobern. Richard Wherlock ist das geglückt, nicht nur mit seinen Performances.
Die Stadt Basel hat Wherlock eine Ehrentafel am ‹Walk of Fame› am Spalenberg gewidmet. Der Ballettdirektor ist auch Teil des prominent besetzten Netzwerk-Vereins «Yystoo für e FC Basel». Kein Zweifel, der Mann, der 1958 in Bristol zur Welt kam, ist längst ein Basler geworden.