Das Buch ist 170 Seiten kurz, spricht den Leser in einem jugendlichen «du» an und sagt ihm: Sei berechnend, sei ein Machtmensch. Effizienz und Disziplin: Die unabdingbare Maxime bei Cramer. Sein Ratgeber «In die Politik gehen» ist genau so geschrieben: einfach, direkt, schnörkellos, voll von einleuchtenden Ratschlägen. Deren Einhaltung immer schwer ist.
Den härtesten Einschlag hat es bestimmt bei Leuten, die Politik für so etwas wie tätigen Idealismus oder als Variante der Selbstverwirklichung halten. Ist sie gerade nicht, wird man belehrt, sondern ein beinhartes Kapitänshandwerk.
Kalkül und Gesichtsmemory
Man steuert sein Karriereschiff mit Umsicht, Kalkül und Kompass, schärft den Killerinstinkt für den richtigen Moment, trainiert die Geduld und die gute Miene für die nach Cramer meist zu langen Sitzungen. Dazu gehört: Den Bäcker grüssen! Gesichter und Namen muss man lernen. Cramer verrät, dass er dazu auf einer App Gesichtsmemory spielt.
Die Partei nach der politischen Haltung auswählen? Sicher. Aber wichtiger: Verspricht sie auch Aufstiegschancen? Und das bieten nach Cramer nur die grossen Parteien.
Gabriel Vetter: Der Tiptopf
«In die Politik gehen ist die muntere Einsteigerfibel für Politikinteressierte, ein Ratgeber irgendwo zwischen Machiavelli und Betty Bossi. ‹Der Cramer› ist der Tiptopf für alle, die sich mit den ganz grundsätzlichen Rezepten der Parteipolitik vertraut machen wollen», befand der Comedian Gabriel Vetter, dessen Kommentar schon vor Veröffentlichung auf die Buchhülle gedruckt ist.
«… egal was der Moderator von dir will»
Christian Mensch schrieb in der «BZ Basel», das Buch verrate viel über den Autor, «für den die Form alles, der Inhalt nichts bedeutet». Cramer werde an seinem eigenen Ratgeber gemessen werden. Zum Beispiel schreibt Cramer offen, wie er mit Journalistenfragen in Talkshows umgeht: «Talkshows solltest du mit ‹sound bites› vorbereiten, mit fertigen, kernigen Sätzen, die du sagen wirst, egal was der Moderator von dir will.» Denn so hielten es alle Gäste in Talkshows.
Im Talk: Conradin Cramer, Mittwoch, 3. März 2021, 18.45 Uhr.
Lässt tief blicken und erschauern.Report