Zunächst ein Wort von Mann zu Mann: Geben wir es zu, wir Männer würden zuerst einen Präsidenten wählen, um einen Riesenanlass in der Dimension eines Frauenstreiks zu stemmen. Sein Foto stünde zuoberst auf der Homepage. Das OK wäre so quasi die Regierung, der Präsi wäre der Bekannteste unter uns, und der müsste dann auch vor den Medien «gut reden» (was er gerne täte, weil er ja Grossrat wäre). Das OK bestimmte dann das Programm bis ins Detail, bis alle wüssten, wo Albis Wurststand steht, und wir wären im Stillen stolz auf unser Know-How aus dem Militär. Zwei Monate vor dem Anlass erhielten die Medien ein dickes Couvert mit gedruckten Texten und präzisem Ablauf inklusive Albis Wurststand (Überblicks-Grafik!) – und dem Grusswort eines Regierungsrates.
Frauenstreik: Vernetzung statt Hierarchien
Wie anders Frauen das machen, wie sehr sie viel stärker im Zeitalter der Vernetzung angekommen sind, sehen wir am Frauenstreik in Basel. Es gibt kein «OK», auf der frauenstreik-bs.ch-Plattform sucht man vergebens (prominente) Namen oder öffentliche Aushängeschilder, die Relevanz markieren sollen.
Was geschehen soll, wird in Gruppen entwickelt und erarbeitet. Die Gruppen sind in einer eher flächigen Struktur verknüpft. Diese integriert Aktionen, auch freie und eher spontane. Das Programm ist nicht in allen Punkten fertig bestimmt. Es soll vielfältig, bunt, kreativ sein: Höhenfeuer, Kickbox-Training, Tanz-Flashmob, Demo, Party und vieles mehr. Ein kurzer Abriss über die Hauptpunkte:
- 07:00 Uhr Kämpferischer Start in den Frauen*streik. Unterbrechen wir die Arbeitsroutine! Treffpunkt Petersplatz
- 11:00 Uhr dezentrale Aktionen
- 15:24 werden wir die Arbeit niederlegen und uns auf den Theaterplatz begeben.
- 17:00 Uhr Demo ab Theaterplatz
- Ab 22:00 Uhr Afterparty im Humbug. (Barbetrieb ab 19 Uhr)
- Ganztags: Aktivitäten in den Betrieben, daheim und auf der Strasse.
Was alles passieren soll oder kann, darüber spricht die Aktivistin Franziska Stier von der Mediengruppe im Talk. (Ihre Teilnahme an der Telebasel-Sendung stand übrigens nicht von vorneherein fest, sondern wurde erst in der Gruppe besprochen.)
Sollen unsere News-Redakteurinnen streiken?
Zur Sprache kommen im Talk auch kritische Fragen. Braucht frau den Streik? Der wurde ja schon vor der Verabschiedung der «Lohn-Lex Sommaruga», die eine auf Lohngleichheit ausgelegte Analyse vorsieht, beschlossen. Die Lohnungleichheit wurde in den letzten Jahr verringert. Zudem schliessen an unseren Hochschulen mehr Frauen als Männer ab.
Ist ein Streik mit Demo nicht eine typisch «linke» Artikulationsform? Welches Verhalten wird von Männern erwartet, die sich mit dem Frauenstreik und dessen Zielen solidarisieren wollen? Schliesslich ein Dilemma, das bei uns intern diskutiert wurde: Sollen unsere News-Redakteurinnen am Frauenstreik teilnehmen? Wenn sie es tun, berichten aber bei Telebasel nur Männer über den Frauenstreik.
Frauenstreik auf Telebasel.ch
Telebasel hat den Frauenstreik intensiv begleitet. In unserem Channel haben eine Reihe von Frauen über den Frauenstreik geschrieben: Anita Fetz, Elisabeth Schneider-Schneiter, Franziska Schutzbach, Sandra Sollberger und weitere. Im Talk vom 29. Mai 2019 hat die Direktorin der Basler Kunsthalle, Elena Filipovic, ihre Solidarität mit dem Frauenstreik erklärt. Telebasel wird auch breit über den Streiktag berichten, in den News und auch online. Der Telebasel-Report porträtiert am Mittwoch, 12. Juni, mit Blick auf die Gleichstellung zwei Frauen.